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 Aus konkretem Anlass :

 

Mörderwürde!

V 2.0

 

Armer Professor!

 

Sehr geehrter Professor Schwartmann,

 

Ihr Artikel "Die Würde des Mörders ist unantastbar" im Kölner Stadt-Anzeiger vom 16. Februar 2011 auf Seite 21 hat mich schon sehr verwundert. Wie aus Stein gemeißelt, dem Himmel gerade entnommen kommt mir der Titel Ihres Artikels entgegen. Erschaudernd stehe ich vor so viel mystifizierendem Unsinn, der eigentlich die Studenten in Scharen aus Ihrer Vorlesung vertreiben sollte.

 

Was war geschehen? Auf einer Taxifahrt in Berlin machte sich der Taxifahrer gegenüber dem Professor der Rechte aus Köln ordentlich Luft:

 

Zitat:

"Sie kommen aus Köln? Bei euch in der Nähe haben sie doch den Perversen geschnappt. Wie kann ein Familienvater denn ein Kind umbringen? Ich bin Vater. Sofort Rübe ab. Wenigstens wegsperren und genauso quälen, wie er das Kind (Mirco aus Gräfrath) und die Eltern gequält hat."

Zitatende

 

Sie nahmen diese Meinungsäußerung zum Anlass über die Würde, die unantastbare Würde des Menschen und ihre Darstellung in den Medien zu sinnieren. Ihre Überlegungen fassten Sie dann in dem von mir beklagten Titel zusammen, der die Mörderwürde banalisiert.

 

Was ist das eigentlich - die Würde, Ihre Würde? Wer oder was ist dort unantastbar? Der Mörder? Die Würde? Der Mensch? Lauter Fragen, die Sie dem Taxifahrer beantworten sollten, bevor Sie so selbstgefällig über sein "Rübe ab" urteilen. Und was heißt das eigentlich "Die Würde des Menschen ist unantastbar" im Artikel 1 unseres Grundgesetzes? Kann die Würde nicht angetastet werden oder darf sie nicht angetastet werden? Was gilt? Wenn Sie nicht angetastet werden kann, dann wären alle Mittel erlaubt, um Menschen zu handhaben. Wenn Sie explizit  nicht angetastet werden darf, dann müsste man Mörder, Kinderschänder und Entführer frei herumlaufen lassen. Was also gilt? Was sagen Sie Ihren Studenten und dem Berliner Taxifahrer? Und was sagen Sie jenem ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, der ein Entführungsopfer dann opfern will, wenn es nur mit Gewalt in Form der Nothilfe gerettet werden könnte? Was ist verständlicher, der Ruf des Taxifahrers nach harter Bestrafung des Täters oder die Hinnahme des Würdemordes als "Lebensrisiko" durch den hoch geachteten Juristen?  

 

"Die Würde fragt nur danach, ob der Mörder ein Mensch ist und nicht danach, was der Mörder getan hat." schreiben Sie so bedeutungsvoll und völlig daneben. Wir sind ein Rechtsstaat und kein Gottesstaat! Die Würde des Menschen ist kein mystisches Wertekonstrukt, das sich irdischer Einflussnahme entzieht. Sie ist das Dach der Rechte und Pflichten des Menschen zum Schutze seiner selbst. Dieses Dach ist untrennbar (unantastbar) mit den Rechten und Pflichten verbunden. Diese sind abwägend einschränkbar, da Rechte und Pflichten der verschiedenen Menschen grundsätzlich in Konkurrenz zueinander stehen.  Die Grenzen der Abwägbarkeit entnehmen wir den Werten unseres Kulturkreises. Die Gesamtheit dieser Grenzen kann man als Würde des Menschen bezeichnen. Der Ruf nach der Todesstrafe durch den Taxifahrer ist also keine persönliche Missachtung der Würde des Menschen, sondern einzig und allein das Ergebnis seiner Abwägung der Rechte und Pflichten des Täters und des Opfers! Dieses verständliche Gebaren kann man im Gegensatz dazu dem Vizepräsidenten nicht unterstellen. Er verweigert grundsätzlich die Abwägung der Rechte und Pflichten des Opfers mit denen des Täters wegen des angeblichen Tabus der Folter. Er missachtet somit die Würde des Opfers, indem er die vorübergehenden physischen und psychischen Schäden des Täters schlimmer einschätzt als die endgültige Vernichtung des Lebens des Opfers. Der Würdemord wird so zum Symbol unseres Würdebegriffes!

 

Sehr geehrter Professor Schwartmann, zum Schluss noch eine Bitte: Wenn Sie dem Taxifahrer in Berlin noch einmal begegnen sollten, dann sprechen Sie mit ihm. Versuchen Sie ihm verständlich zu machen, warum der Würdebegriff in unserem Rechtsstaat die Todesstrafe ausschließt. Und fragen Sie Ihren Kollegen Professor Hassemer, warum "Jude zu sein" im dritten Reich ein Lebensrisiko war.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Ulrich Perwass

 

 

 

Trilogie Würdemord:

 

Vor eigener Tür

Ehrenmord und Würdemord

 

Würdemord!

Mord aus höchsten Beweggründen

 

Würdemord - Begriffsdefinition

 

 

Zum Würdemordproblem:

Zum Würdemordproblem ist in der Wochenzeitung "Die Zeit" eine scharfsinnige und geschliffene juristische Replik von Prof. Dr. Reinhard Merkel erschienen, die die zur Zeit im Rechtswesen dominierende Argumentationskette führender Juristen für den Würdemord ad absurdum führt:

Reinhard Merkel, Folter als Notwehr,  Die Zeit,  Nr. 11,  6.3.2008

Der Autor ist Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg.

 

 

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